Die Wal-Medizin durfte ich auf Hawaii, der Insel Big Island, erleben. Was für ein Tag! Heute Morgen – nach spiritueller Vorbereitung – rauf auf's Boot, mit Sheole, einer sehr guten Frau und den beiden Männern, dem Kapitän und seinem Buddy. Mit Sheole's Briefing sind wir gut vorbereitet, in großer Achtsamkeit und Respekt, mit angemessenem Verhalten den Königen des Meeres im Wasser zu begegnen. Wir stellen uns in der Runde kurz vor, 14 Personen, mit Namen und einem einzigen Wort, das dieser Unternehmung gewidmet ist. "LIEBE".
Raus auf's Meer, bei ordentlichem Wellengang, die Gischt spritzt, der Bug manchmal unter Wasser, so wild ist das Meer. Ich sitze vorne auf dem Deck und genieße die wilde Fahrt. So lange man sich mit den Wellen bewegt, wie auf dem Pferd, geht's gut. Wehe aber, man steht auf und bewegt sich… schließlich und endlich, nach mehr als 1 Stunde, gelangen wir ins Gewässer der Wale. Der Motor wird runter geschaltet und dann ganz aus, als die Riesen aus der Tiefe um unser Boot herauf tauchen. Motor off heißt in der Dünung treiben, schaukeln... und so ging es ganz schnell mit der Seekrankheit, zum Glück ist die Reling nicht weit... die arme Heidi hing den Rest der Fahrt nur noch über der Reling und hat das Meer beschenkt.
Irgendwie in den Neoprenanzug rein, nur ja nicht nach unten blicken dabei, sonst kommt die nächste Übelkeitswelle... Flossen an, Taucherbrille auf und reingleiten ins Meer.... irgendwie hatte ich die Hoffnung, in der Wellenbewegung im Wasser selbst würde sich mein Magen beruhigen, aber leider nicht wirklich. Wir haben uns alle an den Händen gehalten als die Riesen um uns herum und unter uns in vielleicht 10 Metern Tiefe schwimmen.
Im Wasser, immerhin im offenen Meer, verspüre ich keinerlei Angst, weder die übliche vor der undurchdringlichen Tiefe, noch die vor den Meeresriesen. Ganz im Gegenteil, es war wie schon immer und nie anders erlebt, ganz erstaunlich. Lange konnte ich aber nicht bleiben, die Übelkeit wurde stärker und das einzige was mich ängstigte, war mein Körper. Geht es sich im Wasser zu übergeben, ohne dabei unter zu gehen? Ich habe mich auf's Boot zurückbewegt und bin noch eine Weile an der Reling geblieben. Und gerade in diesem Moment ist der Wal aufgetaucht und hat mich passiert, gerade als ich auf das Boot zurück geklettert bin, stieg er aus dem Wasser, keine 2 Meter neben mir. Und immer dieses Gefühl, wie wenn das alles gar nicht ungewöhnlich wäre, sondern ganz alltäglich...
Auf dem Schiff ging es mir immer übler. Alle kamen zurück auf's Boot und wir fuhren los, zurück Richtung Hafen. Ich erinnerte mich an meine erste Seekrankheit, mit Baby Piccolo auf der Fähre von La Palma nach Teneriffa. Liegen war das einzige das half damals. Und das habe ich dann auch getan. Und plötzlich kamen die Tränen... ich musste so schluchzen, es war nicht mehr zurück zu halten obwohl ich erstmal gar nicht wusste, weshalb.
Und dann kam es – eine Stimme tönte in mir, ganz laut, I LOVE YOU, I LOVE YOU, YES, I LOVE YOU! Aus meiner Wurzel, aus meiner Mitte, stieg es auf: I LOVE YOU SO MUCH MY BODY, YES, I DO. AND I LOVE YOU ALL MY CELLS IN MY BEAUTIFUL BODY. I LOVE YOU SO MUCH AND I LOVE YOU WITH ALL YOUR SENSITIVITY AND YOUR SPECIALNESS. WITH ALL YOUR LIMITS AND ALL WHAT SEEMS TO BE A PROBLEM. I LOVE YOU SO MUCH. AND THE DAY WHEN I HAVE TO LEAVE YOU, MY BODY, THEN I AM SO THANKFUL FOR ALL WHAT YOU GAVE ME. YOU GAVE ME PLEASURE AND ENJOYMENT. AND YOU ARE THE HOME OF MY SOUL IN THIS LIFE ON EARTH. I LOVE YOU SO MUCH!
Oh mein Gott, ich musste so schluchzen. Zwischenzeitlich kam Christa und hielt mir die Hand. Auch Maria kam, ist aber dann nochmal ins Wasser zu den Manta-Rochen, die zwischenzeitlich da waren. Ich konnte nicht mal mehr ins Wasser gucken, und doch habe ich sie gesehen, rund um mich und uns herum. Die Wale, die Delfine, die Manta-Rochen, alle waren sie da. Ich konnte alles sehen und spüren. Die Tiere und die Elemente. Das Wasser, den Wind, die Erde und das Feuer. Alles war plötzlich eines, aus einem Stück geformt und entsprungen.
Es stiegen die Worte I LOVE YOU, I LOVE ME AND YOU LOVE ME in mir auf – verbunden mit der Erkenntnis, dass es keine Rolle spielt, welche Formulierung gewählt wird, weil es das gleiche bedeutet. Es ist egal, denn wir sind alle eines. In la'kech – I AM ANOTHER YOU! Alles verschmolz zu einem in mir, ich war alles, alles war ich. Eine einzige Einheit, verbunden mit allem, in tiefster, nie zuvor empfundener Liebe. In mir explodierte ein Licht, aus meiner Mitte heraus entstand das Universum und die Einheit. Wie ein Vulkan, der das Neue kreiert. Eine unbeschreibliche Erfahrung, die mit tiefster Dankbarkeit einher ging.
Und dann war da plötzlich meine Mutter, zusammen mit meinem Vater standen sie vor mir. Und sie sagten mir: WIR LIEBEN DICH.WIR HABEN DIR DEINEN KÖRPER GEGEBEN, IN LIEBE UND FREUDE. WIR LIEBEN DICH AUS TIEFSTEM HERZEN. DU BIST UNSERE TOCHTER, AUS UNSEREM FLEISCH UND BLUT. ICH LIEBE DICH, meine Mutter, und ICH LIEBE DICH, mein Vater. Nie zuvor habe ich das so gespürt.
Und dann erschienen meine Großeltern vor mir, direkt vor mir, meine Oma und Opa mütterlicherseits. Sie sagten mir das gleiche: WIR LIEBEN DICH, AUS TIEFSTEM HERZEN. DIE TRAUER, DER SCHMERZ UM DIE VERLUSTE UNSERER BRÜDER UND KINDER HAT UNS IN EINE SCHALE ZURÜCK ZIEHEN LASSEN. ABER JETZT IST ES GUT, ES KANN GEHEILT SEIN. ES IST UNSER SCHMERZ, NICHT DEINER. DU BIST NUN FREI UND DU KANNST DEINEN WEG GEHEN. WIR LIEBEN DICH. UND EINES TAGES WERDEN WIR UNS ALLE WIEDER SEHEN. ABER BIS DU DEINEN KÖRPER VERLASSEN WIRST, WIRD NOCH ZEIT VERGEHEN. DU HAST NOCH DEINE UREIGENSTE AUFGABE, DEINEN AUFTRAG ZU ERFÜLLEN. GEH NUN DEINEN WEG.
Urgroßeltern kamen dazu, und auch die Großeltern väterlicherseits. Sie winkten mir zu, wollten mir das gleiche sagen, aber die Botschaft mütterlicherseits war vorrangig, und so gab es nur ihre Anwesenheit und Grüße von etwas weiter weg. Ich bin nie in meinem Leben von tieferer Liebe durchströmt worden und nie von tieferer Dankbarkeit. Ich musste schluchzen und schluchzen... zwischenzeitlich musste Christa sich auch der Seekrankheit hingeben, stattdessen war Miriam an meiner Seite, die nur fragte: Wo bist du? Ich möchte auch sehen, was Du siehst…
Ich konnte nur sagen, dass ich das schönste Erlebnis meines Lebens hatte. Ich hatte etwas hyperventiliert, nicht schlimm, aber etwas angeschlagen. Aber die Übelkeit war weg, ab dem Augenblick, in dem ich meinen Körper liebevoll angenommen hatte. Es dauerte eine Weile bis ich wieder zurück in meinem Körper angekommen bin. Und dann waren wir auch schon zurück im Hafen. Welch ein Geschenk. Welch eine Kraft dieser Insel und ihrer Bewohner des Meeres rund herum. Welch eine Botschaft der Wale, welch eine Medizin. Ich fühle mich wie neugeboren, initiiert. Ich bin dankbar, glücklich und voller Liebe. Zuversicht und Vertrauen wachsen in mir. MAHALO.
Im Nachhinein, wieder zurück in unserem Haus, wurde mir bewusst, dass so wie ich die Zusammensetzung des Körpers aus den Elementen Erde, Feuer, Wasser und Luft empfunden und erfahren hatte auf dieser Fahrt, so würden sie sich auch wieder auflösen, wenn wir unseren Körper verlassen. Wir werden die Auflösung der einzelnen Elemente in einem ähnlichen Zustand erleben und es ist gut darauf vorbereitet zu sein, damit wir angstfrei unserer Auflösung, unserem Heimgang zur Urquelle entgegensehen können. Genau das lehrt das Tibetische Totenbuch.